Der Essener Energieerzeuger Steag kämpft mit den Folgen der Energiewende. Über die aktuelle Lage in der Branche, Stilllegungen, neue Wachstumschancen und die Arbeit der Kohlekommission sprach e|m|w mit SteagChef Joachim Rumstadt.
e|m|w:
Herr Rumstadt, Steag hat angekündigt, das Kohlekraftwerk in Lünen zum Jahresende 2018 stillzulegen.
Wie sehr schmerzt Sie die Entscheidung, den kompletten Standort aufzugeben
Joachim Rumstadt:
Mit Block sechs des Kraftwerks Lünen bedienen wir einen Stromliefervertrag mit der Deutschen Bahn, der Ende 2018 ausläuft. Damit haben sich die wirtschaftlichen Perspektiven für das Kraftwerk deutlich verschlechtert. Denn der zweite Block, Block sieben, ist schon relativ alt und zählt nicht mehr zu unseren leistungsfähigsten Anlagen. Von daher ist es für uns keine Überraschung, dass das Kraftwerk aus dem Betrieb geht. Aber Lünen ist einer der beiden Gründungsstandorte von Steag. Daher ist es für uns eine bittere Entscheidung, obwohl wir mit den beiden Blöcken viel weitergekommen sind, als wir vor einigen Jahren dachten. Es gab ja auch schon mal Überlegungen, wonach die beiden Kraftwerksblöcke bereits 2015 aus dem Markt gegangen wären. Ihre Formulierung, dass wir den Standort komplett aufgeben, möchte ich jedoch ein wenig korrigieren: Wir sind in Lünen weiterhin Betriebsführer für das Trianel-Kraftwerk. Und wir sind davon überzeugt, dass wir den Standort nach der Schließung des Kraftwerks einer weiteren Nutzung zuführen können.
e|m|w:
Im Saarland haben Sie gleich zwei Kraftwerke zur vorläufigen Stilllegung angemeldet. Was sind die Beweggründe?
Joachim Rumstadt:
Die Kraftwerke Bexbach und Weiher wurden ursprünglich mit Saarkohle betrieben, die inzwischen nicht mehr gefördert wird. Uns ist es zwar gelungen, die Kraftwerke auf Importkohle umzurüsten. Allerdings ist damit ein logistischer Nachteil verbunden, denn Importkohle ins Saarland zu transportieren, ist schwieriger als beispielsweise in den Duisburger Hafen. Da sich die beiden Kraftwerke südlich der Main-Linie befinden, wo bekanntlich Netzengpässe bestehen, haben die Bundesnetzagentur und der zuständige Übertragungsnetzbetreiber Amprion die beiden Kraftwerke kürzlich bis zum 30. April 2020 als systemrelevant eingestuft. Hier zeigt sich das Dilemma, dass wir als Eigentümer aus Gründen der Versorgungssicherheit nur noch eingeschränkt über unsere Investition verfügen können. Die Kraftwerke Bexbach und Weiher befinden sich im Zwangsbetrieb, weil bestimmte Auswirkungen der Energiewende einfach nicht bedacht worden sind. Abgesehen davon sind wir überzeugt, dass wir nach dem Ausphasen der Kernenergie im Jahr 2022 eine veränderte Marktsituation sehen werden. Geringere Erzeugungskapazitäten führen dann wieder zu höheren Strompreisen. Wir gehen außerdem davon aus, dass wir unsere Kraftwerke nach 2022 wieder mit deutlich höheren Betriebsstundenzahlen fahren können…
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